Etappe 33: Bremen - Wallhöfen 49 km
Jetzt, wo unser Ziel auf Sylt in greifbare Nähe kommt, scheinen uns die Kräfte der Natur noch einmal einiges abverlangen zu wollen. Schließlich möchte so ein hoch gestecktes Ziel auch verdient
erreicht werden. Hat uns gestern die Hitze wirklich bis an unsere Grenzen gebracht, wehte heute ein strammer Wind, der natürlich stets von vorn kam. Das sorgte dennoch für angenehme Temperaturen
und könnten wir wählen, der Wind ist das wesentlich kleinere Übel. Ein deutlich größeres Übel war der Teufelsmoor-Radweg, auf den wir heute abgebogen sind. Eine katastrophale Beschilderung des
landschaftlich wirklichen tollen Radweges, sorgte bei uns für großen Frust.

Die Böttcherstrasse in Bremen.
Um uns für die gestrigen Strapazen zu belohnen und uns zu erholen, war der Vormittag noch für einen Ausflug in die Bremer Innenstadt geplant. Dass die Stadt als beutende Handelsmetropole eine
jahrhundertelange Tradition hat, die bis in die Gegenwart hineinreicht, lässt sich an allen Ecken und Enden erkennen. Gegenüber unserer Jugendherberge konnten wir die Brauerei „Beck‘s“ sehen.
Links und rechts davon waren die deutschen Zentralen der Lebensmittel-Riesen „Mondelez“ und „Kellog‘s“. Die Innenstadt strahlte für uns auch den Glanz alter Tage aus. Viele imposante
Backsteinhäuser zeugten vom Wohlstand aus früheren Zeiten. Vor allem das Weltkulturerbe altes Rathaus, samt Rolandfigur davor, hat uns wirklich schwer beeindruckt. Die bekannte Böttcherstraße
erinnerte uns, so dunkel und leergefegt, wie sie in den Morgenstunden war, an die Winkelgasse aus den Harry-Potter-Filmen.

An der Weser. Links ist die Friedrich, rechts ist der Friedrich.
Alle berühmten Persönlichkeiten, die in Bremen geboren sind, aufzuzählen, wäre ein sinnloses Unterfangen. Aus aktuellem Anlass sei aber die vor einigen Tagen in Wimbledon siegreiche Angelique
Kerber genannt. Der vielleicht berühmteste fiktive Bremer ist allerdings Robinson Crusoe. Daniel Defoe‘s weltbekannte Romanfigur hat seinen familiären Ursprung in der deutschen Hansestadt. Was
natürlich überhaupt nicht fehlen durfte, war ein Besuch bei den bekanntesten Bremern überhaupt: Den Bremer Stadtmusikanten. Das bekannte Märchen der Gebrüder Grimm hat seinen Handlungsort in
Bremen. Seitdem wir im hessischen Rotenburg an der Fulda zum ersten Mal mit den Brüdern und der Märchenstraße in Kontakt kamen, waren sie ein steter Begleiter unserer Route. In Bremen endet die
Märchenstraße und somit auch unsere Fahrt entlang vieler bekannter Märchenorte.

Weltkulturerbe Bremer Rathaus. Links davor, der Bremer Roland.
Nachdem wir uns an all den Sehenswürdigkeiten satt gesehen hatten, machten wir uns auf, unsere heutige Etappe zu bewältigen. Nachdem wir vor einigen Tagen die geplante Route geändert hatten,
sollte es uns ab Bremen der Radweg Teufelsmoor bis nach Stade bringen. Deshalb verabschiedeten wir uns von der liebgewonnenen Weser und machten uns auf durch den dichten Stadtverkehr gen Norden.
Bereits nach wenigen Kilometern mussten wir das erste mal halten, weil es keine Beschilderung gab. 10 Minuten später, das gleiche Spiel. Wieder einige Minuten später mussten wir wieder anhalten.
So ging es die ganze Etappe munter weiter.

Bea und die Bremer Stadtmusikanten.
In Summe mussten wir auf den knapp 50 Kilometern rund 25 mal halten und nach dem Weg schauen, fragen oder auf blauen Dunst weiterfahren, ohne zu wissen, ob man tatsächlich richtig ist. Im Schnitt
mussten wir also alle 2 Kilometer absteigen und auf Karte und Handy gucken, was die Fahrzeit natürlich unnötig in die Länge zog und außerdem Friedrich einen äußerst unruhigen Schlaf bereitete.
Wenn es nämlich irgendetwas gibt, was seinen Schlaf stört, dann ist es, wenn wir anhalten und der Anhänger nicht weiter angenehm schaukelt. Zur schlechten Beschilderung gesellte sich dann auch
noch der schlechte Untergrund dazu. Wir haben es geschafft, die Berge von Alpen, Rhön und Spessart zu bezwingen und dabei nur ein einziges Mal absteigen zu müssen, weil es zu steil wurde. Dass
wir im 20 Meter über Null gelegenen Worpswede an einem sandigen Hügel scheiterten spricht ebenfalls Bände über die Qualität des Radwegs.

Abschied von der Weser. Im Vordergrund das Schiff Admiral Nelson, im Hintergrund die Alexander von Humboldt.
Was wirklich bedauerlich war, ist dass die Landschaft, durch die der Radweg führt, wirklich ausgesprochen schön war. Weite Wiesen und Weiden in einer malerischen Moorlandschaft, so weit das Auge
reicht. Wir waren aber so wütend über die katastrophale Beschilderung des Radwegs, dass es uns schwer fiel, uns an der Schönheit der Landschaft zu erfreuen. Das finden wir im Nachhinein sehr
schade und hoffen, dass uns das nicht noch einmal passiert. Unsere Stimmung schlagartig ins Positive verkehrt hat das „Melkhus“, plattdeutsch für Melkhaus, das plötzlich entlang des Weges kam.
Wir hielten dort, um unsere bislang sehr erfolgreiche Strategie „Belohung durch Essen“ fortführen zu können. Und der Zwischenstopp hat sich mehr als gelohnt. Hier gab es Eis, Kuchen und
Buttermilch und etliche weitere Dinge, direkt vom Bauernhof daneben. Das haben wir wirklich sehr genossen und konnten so, frohen Mutes, die letzten Kilometer in Angriff nehmen.

Balsam für unsere Seele. Die Pause am „Melkhus“.
Jetzt sind wir in Wallhöfe, das irgendwo im Nirgendwo liegt. Morgen soll es, hoffentlich ohne größere Störungen, bis nach Bremervörde gehen. Was sich unheimlich maritim nach Hafenstadt anhört, liegt
mitten im Hinterland zwischen Bremen und Hamburg. Leider machen sich aktuell verstärkt körperliche Probleme bemerkbar. Neben den generell müden Muskeln von den vielen Kilometern hat vor allem Bea
einige Probleme. Das linke Knie und die Oberschenkelmuskulatur bereiten ihr ziemliche Probleme. Wir haben zusammen besprochen, dass wir nichts erzwingen werden. Die nächsten beiden Etappen fahren wir
in gemäßigtem Tempo und in Stade werden wir dann einen Ruhetag einlegen. Sollte danach keine Besserung eintreten, suchen wir einen Arzt. Wir sind aber guter Dinge, dass es nur vorübergehende Probleme
sind. Über ein paar nette Genesungswünsche, freut sie sich aber bestimmt trotzdem.
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Susanne (Mittwoch, 18 Juli 2018 22:45)
Das war ja fast wieder eine Ü50 Etappe. Alle Achtung . Dir gute Besserung Bea.
Margret (Mittwoch, 18 Juli 2018 22:46)
Liebe Familie Franke,
schade, dass Ihr mit so vielen Hindernissen zu kämpfen habt. Wenn man auf einem ausgewiesenen Radweg nur mit dem Handy und/oder Karte weiter kommt, kann etwas nicht stimmen. Leider kommt so etwas immer wieder vor. Ich glaube aber, spätestens wenn ihr Stade erreicht habt, wird die Qualität der Radwege wieder besser.
Bea wünsche ich gute Besserung. Ihr seid so kurz vor dem Ziel und ich wünsche euch von Herzen, dass ihr die restlichen Etappen gesund und entspannt hinter euch bringt.
Liebe Grüße von Margret
BEA (Donnerstag, 19 Juli 2018 14:15)
Vielen lieben Dank für die Genesungswünsche. Wir freuen uns schon sehr auf den Ruhetag in Stade und die gut ausgebauten Radwege im hohen Norden!